Tja, auch wenn es nun für einen größeren Teil des Ortes geklappt hat: einige Straßenzüge werden wohl kein schnelles Internet per Glasfaser bekommen.
Aber da stehen wir in Hemmerden nicht ganz alleine da – das geht auch anderen Orten so. Es ist schade, dass so viele Bürger die Notwendigkeit nicht sehen, vernünftige Anschlüsse bis ins Haus zu legen und die sich jetzt bietende Chance nicht richtig einschätzen. Die nächsten 20-30 Jahre wird so eine Chance vermutlich nicht wieder kommen.
Der folgende Artikel der Rheinischen Post beschreibt die Situation ganz gut, mit der auch wir als Bürgerinitiative hier in Hemmerden konfrontiert sind …
Kerken. Glasfaser ist die Zukunft, doch eine Bürgerinitiative stößt in Kerken bei ihrem Werben für schnelles Internet auf ungeahnte Probleme. Es bleiben nur noch 48 Stunden.
Von Florian Rinke
Freitags fühlt sich Carlo Notz wie bei der Ziehung der Lottozahlen. Hoffnungsvoll öffnet er dann die Datenbank am PC und guckt, ob sich etwas getan hat, ob er gewonnen hat. Ihm geht es nicht um Geld, der Gewinn, auf den er hofft, ist viel banaler, simpler. Notz hofft auf schnelles Internet.
76,2 Prozent der Haushalte in NRW hatten im vergangenen Jahr Zugang zu schnellem Internet, also einer Geschwindigkeit von mindestens 50 Megabit (Mbit) pro Sekunde. Damit steht das Land vergleichsweise gut da, doch den Bürgern im Kreis Kleve bringt das gar nichts – hier ist es nicht mal jeder Zweite. Am äußersten Südzipfel des Kreises, in Kerken, gibt es noch immer Haushalte, die mit Geschwindigkeiten von 384 Kilobit im Internet surfen, erzählt Notz. Zum Vergleich: Das Breitbandziel des Landes sieht für jeden Haushalt 50.000 Kilobit, also umgerechnet 50 Mbit, bis 2018 vor. Bis 2025 solle jedes Haus sogar einen superschnellen Glasfaseranschluss bekommen, sagte NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) zuletzt.
Kerken will nicht mehr warten
Doch so lange wollen sie hier in Kerken nicht warten. Deswegen haben Notz und elf Mitstreiter vor drei Monaten die Bürgerinitiative „Glasfaser für Kerken“ gegründet. Ein privater Anbieter, die Deutsche Glasfaser, verspricht, die 13.000-Einwohner-Gemeinde ans Glasfasernetz anzuschließen, wenn 40 Prozent der Haushalte einen Vertrag bei dem Unternehmen abschließen. Wöchentlich veranstalten Notz und Co. seitdem Info-Abende. Die Glasfaser-Bürgersprechstunden sind eine Art Tupperparty des Digitalzeitalters: Das Produkt hat Vorteile, am Ende kauft man es aber doch nicht.
Entsprechend enttäuscht war Notz in den vergangenen Wochen beim Blick auf die Zahlen – denn der Initiative läuft die Zeit davon. Bis Montag müssen sie die 40 Prozent erreichen, oder zumindest 30, wie mancher hofft, vielleicht bekäme man dann mehr Zeit. Im Grunde sei es ganz einfach, sagt Notz: „Glasfaser ist die Zukunft.“ Praktisch jeder Experte bestätigt ihn darin.
Trotzdem lag man vergangene Woche im Gemeindeteil Aldekerk erst bei 23, in Nieukerk bei 21 Prozent. Noch schlechter sah es in den Nachbarstädten Weeze und Wachtendonk aus (je elf Prozent), in Straelen, Haldern oder Kalkar hatte man nicht mal die Zehn-Prozent-Marke geknackt – allerdings bleibt hier noch etwas mehr Zeit.
„Glasfaser ist die Zukunft“
Warum ist es so schwer, obwohl die Vorteile der Technik so groß sind? Beim Bürgerstammtisch erzählen die Mitglieder davon, wie sie am Wochenende auf dem Fußballplatz für das Projekt werben, wie sie versuchen, Nachbarn und Bekannte zu begeistern, an Bundestagsabgeordnete schreiben und teilweise von Haustür zu Haustür gehen, um für Glasfaser zu werben.
Immer wieder stoßen sie dabei jedoch auf Bedenken und Unwissenheit. Manche fürchten, ihre Telefonnummer zu verlieren, wenn sie den Anbieter wechseln – was ein Irrglaube ist. Andere wiederum schreckt der langfristig gegenüber der Telekom um rund 15 Euro höhere Preis (bei dem es aber auch viel schnelleres Internet gibt) und wieder andere denken sich: Warum Glasfaser? Mir reicht doch eigentlich die Geschwindigkeit, die ich jetzt habe.
„Das Bewusstsein über die Unterschiede zwischen Glasfaser und Kupferkabeln ist noch nicht überall so vorhanden“, bestätigt Gerda Johanna Meppelink von der Deutschen Glasfaser. Die 40-Prozent-Hürde sei daher für viele Kommunen eine Herausforderung. Trotzdem könne man fast 90 Prozent der Projekte zum Erfolg führen. „Generell gilt: Je unterversorgter ein Ort ist, desto höher ist die Quote der Leute, die mitmachen.“
Am mangelnden Einsatz der Bürgerinitiative kann es in Kerken nicht liegen. „Ich hoffe, dass von denen, die noch nicht überzeugt sind, viele noch sagen: Ich tue es nicht für mich, sondern für den Ort; dafür, dass Kerken auch für Unternehmen attraktiv bleibt. In vier bis fünf Jahren werden die Leute ihren Standort nach dem Internetanschluss aussuchen“, sagt Ralf Schmidt, ein Bürger, der schon unterschrieben hat: „Wir haben momentan eine Geschwindigkeit von 16 Mbit. Doch damit gibt es jetzt schon Probleme, weil wir viel von zuhause aus arbeiten“, sagt Schmidt, der sich beruflich um Software-Projekte kümmert: „Wenn wir Daten versenden wollen, wartet man sich einen Wolf.“
Fast jeder hier kann so eine Geschichte erzählen – vom Video, das eine Dreiviertelstunde brauchte, bis es bei Facebook hochgeladen ist. Oder von der Internetverbindung per Funk, bei der man auf günstiges Wetter hoffen muss, wenn man höhere Geschwindigkeiten braucht. In manchen Teilen der kleinen Gemeinde sei die Not so groß, dass die Landwirte bereits angeboten hätten, die Furchen zum Verlegen der Glasfaser-Kabel selbst zu graben, erzählen sie hier beim Stammtisch.
„Uns wäre jeder lieb…“
Dass man sich für die Deutsche Glasfaser entschieden hätte, sei Zufall, betonen die Männer. „Uns wäre hier jeder lieb, der zu vernünftigen Konditionen das Netz ausbaut – egal, ob Telekom oder Deutsche Glasfaser“, sagt Markus Pakulat. Und Stefan Nagel, der ihm gegenübersitzt, ergänzt: „Leider ist es ja nicht so, dass die Anbieter hier Schlange stehen.“ Guido Gipmans, ein anderer Bürger, der unterschrieben hat, ist daher überzeugt: „So ein Angebot kommt wahrscheinlich so bald nicht wieder.“
Carlo Notz hat gestern wieder nach den Zahlen geschaut. Aldekerk liegt jetzt bei 27 Prozent, Nieukerk bei 25 Prozent. Zwei Tage bleiben noch. Notz hofft weiter.
Info: www.glasfaser-kerken.de
Quelle: RP / NGZ vom 24.09.2016